October 20, 2024
Kernaussagen zur Veranstaltung im "EmMi LuebesKind-Haus" (Berlin) am 16. Oktober 2024
Zur anstehenden Novellierung des Familienrechts
"Pflegefamilien sind bislang kaum berücksichtigt.
Was jetzt zu tun ist."
Parlamentarischer Abend mit Prof. Dr. Sibylle Winter (stellvertretende Klinikdirektorin, Charité Berlin) und Alexander Hoffmann (MdB, CSU)
Mittwoch, 16. Oktober 2024, EmMi LuebesKind-Haus (Berlin)
Kernaussagen des Abends
"Stabilität ist der wichtigste Faktor für die psychische Gesundheit und Entwicklung von Kindern. Deshalb muss sie oberste Priorität haben." (Sibylle Winter)
Mit jedem Wechsel von Pflegestationen verschlechtern sich die Entwicklungs-Prognosen der betroffenen Kinder.
"Pflegekinder brauchen baldmöglichst eine dauerhafte Lebensperspektive. Nach einem Pflege-Zeitrahmen von ca. 2 bis 3 Jahren sollte deren Verbleib endgültig geregelt sein." (Sibylle Winter)
"Die geplante Modernisierung des Familienrechts geht bei Bestimmungen über den dauerhaften Verbleib der Kinder bei adoptionswilligen Pflegeeltern nicht weit genug. Ihnen sollte ein Antragsrecht gewährt werden, da dies auch dem Kindeswohl dient." (Alexander Hoffmann)
Über 20.000 Kinder unter 10 Jahren wachsen in Heimen auf, weil sich keine Pflegeeltern finden trotz vieler Paare, die gern eine Familie gründen würden.
"Die Attraktivität von Pflegefamilien kann durch schnellere Entscheidungen über den Verbleib der Kinder und durch das Angebot einer Adoption erhöht werden." (Alexander Hoffmann)
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Diskussionsaspekte des Abends
Frau Prof. Dr. Winter betont die besondere Bedeutung der ersten zwei Lebensjahre für die Bindungsfähigkeit eines Menschen, die zentral für die Entwicklung einer gesunden Psyche sind. Sie fordert auf Grundlage dieser wissenschaftlichen Erkenntnis, schneller zu verlässlichen Entscheidungen für Pflegekinder zu kommen. Mit jedem Wechsel der Pflegestation, die Säuglinge und Kleinkinder mitmachen müssen, verschlechtern sich deren Prognosen. Sie macht sich stark für weniger Hin und Her und schnellere Entscheidungen für eine dauerhafte Lebensperspektive von Pflegekindern. Nach einem Zeitrahmen der Pflege von ca. 2- 3 Jahren sollte der Verbleib der Kinder endgültig geregelt sein. Viele potentielle Pflegeelternwerden durch die Unsicherheit, ob die Kinder langfristig in der Pflegefamilie bleiben können, abgeschreckt.
Sie fordert außerdem mehr Forschung zur Entwicklung von Pflegekindern.
Der aktuelle Entwurf der Ampel-Koalition zur Modernisierung des Familienrechts enthielte wichtige Ansätze mit Blick auf die Stabilisierung von Pflegeverhältnissen, aber sie gingen nach Herrn Hoffmann mit Blick auf Pflegefamilien nicht weit genug. Hierzu verweist er auf die Bestimmung über den dauerhaften Verbleib der Kinder nach einem überschaubaren Zeitraum, die besondere Behandlung von adoptionswilligen Pflegeeltern, die Stärkung der Rechte der Pflegeeltern sowie das Antragsrecht von Pflegeltern in Verfahren.
Frau Burkhard-Eulitz gibt zu bedenken, dass die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung die Position der Kinder stärken und damit auch den Pflegeeltern nützen könnte.
Herr Hoffmann spricht sich gegen explizite Kinderrechte aus, weil Kinder alle Verfassungsrechte haben und seiner Auffassung nach keine Sonderrechte nötig sind.
Frau Klückmann aus dem Publikum und selbst Careleaverin widerspricht und fordert für Pflegekinder ein „Recht auf Scheidung von den leiblichen Eltern“.
Die Referatsleiterin sowie ihre Referentin, die den Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Familiengerichts maßgeblich mitverfasst haben, geben einen kurzen Überblick über die Punkte, die Pflegekinder und Pflegefamilien betreffen. Bei Rückfragen verweisen sie an die Pressestelle ihres Hauses und ermuntern, dort Rückfragen zu stellen. (Hinweis aus dem Publikum: Der Referentenentwurf sei noch nicht veröffentlicht, in den bereits veröffentlichten Eckpunkten des Entwurfs auf der Seite des Ministeriums seien Pflegekinder gar nicht erwähnt.)
Einigkeit herrscht darüber, dass Kinder mehr in den Mittelpunkt aller Überlegungen gestellt werden müssten und dass mehr Rechtssicherheit (schon in der Anfangszeit) und Stabilität für Pflegefamilien anzustreben sei.
Christian Clasen (Allianz-Mitbegründer): Über 20.000 Kinder unter 10 Jahren wachsen in Heimen auf, weil sich keine Pflegeeltern finden trotz vieler Paare, die gerne eine Familie gründen würden. Die Attraktivität von Pflegefamilien muss durch die schnellere Entscheidung über den Verbleib der Kinder und durch das Angebot einer Adoption in einem überschaubaren Zeitraum erhöht werden.
Herr Hoffmann betont, dass er sich für das Thema einsetzen wird und es seiner Meinung nach ein Thema ist, das nichts mit parteipolitischen Erwägungen zu tun habe.